Die Vorstellung der „Apple Vision Pro“ des US-amerikanischen Technologieunternehmens Apple Inc. auf der WWDC am 5. Juni 2023 hat den Themenschwerpunkt Augmented Reality erneut in den Fokus der Medien gerückt. Doch was ist Augmented Reality überhaupt, und welchen Nutzen hat sie für den Service im Maschinen- und Anlagenbau? Es ist von großer Bedeutung, die Möglichkeiten und Chancen einer neuen Technologie zu erkennen und für den Anwender nutzbar zu machen. Um dies zu gewährleisten, beteiligt sich das Dortmunder IT-Unternehmen Innosoft GmbH an der Forschung und Entwicklung einer zukunftsweisenden Software-Lösung für die Instandhaltung. In diesem Zusammenhang beschäftigt sich Innosoft damit, wie sie vorgehen, welche Herausforderungen sie dabei bewältigen und welche Innovationen wir in Zukunft im Lösungsportfolio von Innosoft erwarten können. Unser Mitarbeiter Alexander Oleksow hat versucht, diese Informationen von Peter Ebbrecht, einem der Geschäftsführer der Innosoft GmbH, zu erhalten.
A. Oleksow: Guten Tag Herr Ebbrecht, vielen Dank dafür, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben mit mir zu sprechen. In den vergangenen Tagen ist in der Öffentlichkeit vermehrt über Virtual- und Augemented Reality gesprochen worden, was genau ist darunter zu verstehen?
P. Ebbrecht: Guten Tag Herr Oleksow, es freut mich hier zu sein. Ich versuche es recht einfach zu verdeutlichen: Virtual Reality ist ein künstliches Konstrukt, es handelt sich hierbei um eine von der Realität losgelöste digitale Realität. Der Nutzer interagiert mittels eines Tools wie beispielsweise einer VR-Brille. Passende Beispiele hierfür sind das „Meta Verse“ von Facebook oder die VR-Anwendungen rund um die „Playstation“ von Sony. Bei Augemented Reality hingegen befindet sich der Nutzer in der Realität. Es werden lediglich digitale Elemente zur „Ansicht“ hinzugefügt. Passende Beispiele hierfür sind „Pokemon Go“ von Niantic oder die „Snapchat-Filter“ von Snap inc.
A. Oleksow: Beides wird zunehmend im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus eingesetzt. Welche aktuellen Entwicklungen sehen Sie in Bezug auf die Nutzung von im Service dieser Industrie?
P. Ebbrecht: VR eignet sich sicherlich gut zu Schulungszwecken oder Entwicklung, Simulationen von Maschinen sind hierbei sicherlich nützlich; AR hingegen ist sicherlich mehr als „Field“ Lösung geeignet, der Servicetechniker wird während seinem Einsatz an der konkreten Maschine unterstützt, indem dieser beispielsweise angezeigt bekommt, welches Element es zu tauschen gilt, und welche Schritte dabei einzuhalten sind.
A. Oleksow: In den letzten Wochen gab es einige Pressemitteilungen bezüglich eines neuen Apple Produktes, der Vision Pro und dem damit verbundenem Einstieg in den VR- & AR-Markt. Wie schätzen Sie die jüngsten Entwicklungen rund um Apple ein und welche Auswirkungen könnten sich daraus ergeben?
P. Ebbrecht: Apple ist einer der großen Player im Bereich Hard- und Software, zu erwähnen ist, dass sich unlängst auch andere Unternehmen wie beispielsweise Google in diesem Bereich engagieren. Auch wir von Innosoft beteiligen uns seit längerem an einem Forschungsprojekt in dem Bereich. Trotzdem ist der Eintritt von Apple in diesen Markt interessant und könnte die Entwicklung entsprechender Anwendungen antreiben.
A. Oleksow: Ein aktuell laufendes Projekt, bei dem Sie als Leiter involviert sind, hat sicherlich interessante Aspekte. Könnten Sie uns näheres über dieses Projekt und die spezifische Nutzung von AR darin erzählen?
P. Ebbrecht: Wir arbeiten derzeit mit Vetter Krantechnik, Evospark GmbH und der Fachhochschule Südwestfalen an einem gemeinsamen Forschungsprojekt. Der Titel des Projekts lautet „Augmented Field Service Management for Cranes“, kurz aFSMCrane. Dem Service- und Betriebspersonal soll ein Tool zur optimalen Unterstützung des Serviceeinsatzes bereitgestellt werden. Initiator des Projektes ist der Kranbauer Vetter Krantechnik. Innosoft kümmert sich hierbei um die Integration der AR-Funktion und Sensordaten in ein FSMS, das mittels Cloud-Service Remote-Unterstützung den Zugriff auf die AR-Funktionen vor Ort ermöglicht.
A. Oleksow: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Maschinen- und Anlagenbauern in diesem Projekt? Wie werden sie (z.B. Servicetechniker) in den Einsatz von Augemented Reality einbezogen und wie nehmen sie diese Technologie an?
P. Ebbrecht: Die Zusammenarbeit bereitet mir persönlich große Freude, es findet eine offene Kommunikation statt. Der globale Service-Leiter des Unternehmens Vetter ist in die Entwicklung mit eingebunden, wir befinden uns im ständigen Austausch. Darüber hinaus hat Vetter einen Fragebogen für die Servicetechniker erstellt, um auch die Expertise der Nutzer zu bewerten. Derzeit befinden wir uns in der ersten Hälfte des Projektes. Bis zur Finalisierung wird es noch einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Das Projekt wird im ersten Quartal 2025 erfolgreich abgeschlossen sein.
A. Oleksow: Können Sie uns einen Ausblick auf die Zukunft geben? Wie sehen Sie die Entwicklung von Augemented Reality im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus in den nächsten Jahren, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Situation und der Präsenz von Apple im Markt?
P. Ebbrecht: Generell wird AR in den kommenden Jahren zunehmen. Es tut sich schon seit geraumer Zeit eine ganze Menge. Es ist davon auszugehen, dass zukünftig eine Vielzahl an Anwendungen auf dem Markt zur Verfügung stehen wird. Ob Apple mit der Vision Pro in Zukunft das Smartphone ablösen wird, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Am Ende entscheidet der Nutzer, denn es muss eben jener die Hilfe annehmen. Letztlich muss es sich um einen Fortschritt handeln, diese lassen sich bekanntlich nicht aufhalten.
A. Oleksow: Abschließend noch eine letzte Frage. Was ist aus Ihrer Sicht der größte Benefit, den sich der Service im Maschinen- und Anlagenbau langfristig von AR-Anwendungen erhofft?
P. Ebbrecht: Aus meiner Sicht gibt es da eine Vielzahl an Problemstellungen, bei denen diese Anwendungen eine Hilfestellung geben könnten. Beispielsweise bei der Erhöhung der Produktivität. Das gezielte Abrufen von gespeichertem Wissen ist in vielen Fällen dienlich und kann dem Nutzer so den Arbeitsprozess der Recherche abnehmen. Das spart dem Nutzer viel Zeit ein, diese kann wiederum für andere produktive Arbeiten eingesetzt werden. Aber auch bei der Problematik des Fachkräftemangels könnten AR-Anwendungen sehr hilfreich sein. Die älteste uns bekannte Schrift ist etwa 6000 Jahre alt, Visuelle Reize als solches nimmt der Mensch allerdings bereits seit je her wahr, das sind rund 2 Millionen Jahre. Dementsprechend begrenzt ist die Fähigkeit auf diesen Reiz zu Reagieren. AR-Anwendungen können dabei helfen, Wissen schneller zu vermitteln, indem wir den Visuellen Reiz als solches ansprechen, und dem Nutzer den Vorgang mittels digitaler Bilder vorgeben. Dies könnte Ausbildungs- und Schulungszeiten drastisch senken. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Thematik rund um Apple entwickelt, bei uns bleibt es wohl vorerst noch beim Tablet oder Smartphone als Endgerät.